KOMPONIST

Nach seinem Studium an der UdK Berlin (Musiktheorie und Violoncello) wandte sich Thilo Thomas Krigar Ende der 80er Jahre zunehmend der Komposition zu. Bald befasste er sich auch mit literarischen Stoffen, um sie sie in seinen Komposition zu verarbeiten . Die Zusammenarbeit mit Schauspielern wie Otto Sander, Marianne Hoppe, Christian Brückner, Ursela Monn und Angela Winkler erwies sich für ihn dabei als inspirierend.

In Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen Peter Krumme entstand „Odyssee – eine literarische Reise in musikalischen Bildern“ für die „Cultural Capital of Europe“ 1997 Thessaloniki und die Alte Oper Frankfurt, zuerst nur als Streichtrio. Diese Komposition bildet die Grundlage für seine neue Sextettfassung, welche am 20. Februar 2017 von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker zusammen mit Corinna Harfouch und Christian Brückner uraufgeführt werden wird.

Konzertkalender Berliner Philharmoniker

Für die Kulturhauptstadt Weimar schuf Krigar im Jahr 1999 „West-Eastern-Divan – eine Musikalische Morgenlandfahrt”.

Danach arbeitete der Komponist überwiegend an dem Projekt “DNA IN CONCERT – der Fluss der genetischen Information als Sinfonie des Lebens”, welches den biologischen Prozess musikalisch erlebbar machen will. Dahinter steht der Versuch, molekularbiologische Erkenntnisse in eine musikalische Sprache zu transkribieren.

Krigars besonderes Interesse gilt dem, was er als “Autopoiesis” des Lebens zu bezeichnen pflegt. Dabei geht er von der Annahme aus, dass kollektive Mythen, wie z.B. die Odyssee, ebenso wie wissenschaftliche Erkenntnisse oder individuelle Überzeugungen innere und äußere Wirklichkeiten nicht nur beschreiben, sondern sogar auch definieren – und damit schaffen. Die persönliche Geschichte des Einzelnen, historische Ereignisse und kulturelle Erzeugnisse spielen auf diesem Feld eine vergleichbare Rolle. Hier kommt der Musik eine besondere Bedeutung zu.

Autopoiesis heißt demnach, dass diese Vorstellungen sich wie ein genetischer Code in die psychische Struktur des Menschen einzuschreiben vermögen – und damit schreiben sie sich selbst gleich posthypnotischen Befehlen fort. Auf solche Weise schaffen sich uns Wirklichkeiten.

Thilo Krigars künstlerisches Anliegen ist es, diese Strukturen zu dekonstruieren, zu erfassen und ästhetisch zu verbinden. Die meisten seiner Arbeiten beruhen auf einer Kernidee, die bereits die musikalische Struktur beinhaltet. Diese Struktur ist so beschaffen, dass der Komponist Melos, Harmonik und Rhythmik aus aus ihr entfalten kann.

Odysseus begreift Krigar beispielsweise als eine Figur, die jeder noch so schwierigen Situation mit einer brillanten rationalen Lösung begegnet – aber mit genau diesem Ausweg verursacht Odysseus das nächste Problem. Genau so scheinen die Zahlenverhältnisse der Harmonik der Odyssee in ihrer Entfaltung rational wohl geordnet, an ihren Rändern brechen sich diese rationalen Gefüge aber in einen sphärischen Klang.

Die musikalischen Bilder zur Odyssee stellen den Metaphern der Dichtung somit musikalische Metaphern an die Seite, die in ihrer Klangarchitektur der Handlung entsprechen und tiefenpsychologische Dimensionen zum Klingen bringen.